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Eurovision Song Contest > 2017
Reisebericht und Impressionen



Montag, 1. Mai 2017


Gepackt und voll motiviert zum Bus. Dem Regen in der Schweiz für ein paar Wochen entfliehen. Und dies mit einem einzigen Ziel, den Eurovision Song Contest 2017 zu gewinnen mit unseren Hoffnungsträgern timebelle. Die Wettervorhersagen für Kyiv, der ukrainischen Hauptstadt sehen ja sehr verheissungsvoll aus. Seit Jahren wieder einmal eine richtige Pass- und Zollkontrolle. So weiss man auch wieder einmal, dass man die Schweiz verlassen hat. Mit der Flughafen-Metro zum Terminal E. Ab Gate E 42 wird der Flug der Ukraine International Airlines in Richtung Kyiv starten. Der Flug war sehr angenehm obwohl ich wie immer zu wenig Platz für meine langen Beine hatte. Schon bald, nach zirka 2 ½ Stunden landete ich sicher am Flughafen Kyiv-Borispol.

Obwohl ein Fingerdock vorhanden gewesen wäre musste ich mich in einen sehr gut gefüllten Bus begeben welcher mich zum Flughafengebäude gebracht hatte. Auch hier haben die Schweizer, die ja nicht in der EU sind einen separaten Schalter für die Immigration. Hurra mein neuer Pass erhielt nun den ersten Einreisestempel. Nun konnte ich dieses Teil endlich wieder einmal nutzen. Auch die Warterei auf’s Gepäck hielt sich in Grenzen. Komplett mit Sack und Pack habe ich das Flughafengebäude verlassen. Hier ging das Feilschen der Taxi-Fahrer los. Jeder, lizensiert oder auch nicht, möchte ein Geschäft mit mir machen. Dies habe ich auch ausgenutzt. Ich liess die Taxi-Fahrer sich selbst runterhandeln bis ich einen, obwohl nicht legal, gefunden habe der mich für ca. CHF 5.00 in die Innenstadt, nein sogar direkt vor mein Hotel brachte.

Während der Fahrt versuchte er mit einem sehr behelfsmässigen Englisch von mir was zu erfahren, aber auch die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzupreisen. Auf der Fahrt in die Innenstadt musste noch ein Tankstopp gemacht werden. Dann ging es aber recht flott weiter. Umwege zu fahren konnte er sich sparen, denn der Preis war ja fix und ich konnte ihm auch klarmachen, dass ich schon ein paar Mal in Kyiv gewesen bin. Die UAH 130.00 hatte ich gerade noch um den Fahrer zu bezahlen.

Im Hotel wurde ich bereits erwartet. Da ich ja im Vorfeld einen Deal gemacht hatte und auch einen Teil der Kosten per Kreditkarte bezahlt hatte, musste nun noch ein Betrag von EUR 250.00 bar abgegeben werden. Zuerst musste ich jedoch in mein zugewiesenes Zimmer das Geld holen. Etwas mulmig war mir schon, da ich dafür keine Quittung bekommen habe. Mal sehen ob die versprochene Quittung in den nächsten Tagen eintrifft. Kein Luxus-Hotel aber für zwei Wochen zu diesem Preis echt gut. Die Lage, dank meinem ukrainischen Freund Ivan, perfekt.


(Eingang zum Eurovision Complex - dem International Exhibition Center)

Schnell mal das wichtigste ausgepackt und ab mit der Metro zur Halle meine Akkreditierung abholen. Überbeschäftigt war man im Akkreditierungsbüro nicht, wurde aber erst auf intervenieren der Chefin bedient. Nun, ich hatte ja keine Eile und es klappte auch alles wunderbar. Ich habe dann noch kurz das Pressezenter besucht und ein paar «alte» ESC-Freunde getroffen. Kurz gegrüsst und auch gleich wieder verabschiedet. Zurück zum Hotel und erst einmal ankommen.

In der Mini-Bar im Hotel hat es zu günstigen Preisen einiges angeboten. Was jedoch ein Päckchen Kondome im Kühlschrank zu suchen haben verunsicherte mich etwas. Im Verlauf des späteren Abends wurde mir dann der Sinn dieses Kühlschrankinhaltes noch hörbar nähergebracht. Obwohl das Hotel sauber und nett ist, hat es doch sehr dünne Wände. Was man da alles zu hören bekommt möchte man weiter ausführen. Nach 20 Minuten war dann aber auch im Nebenzimmer wieder Ruhe. Prost Nägeli wenn das nun die ganze Woche so geht.
Dienstag, 2. Mai 2017

Das Frühstück habe ich erstmal geknickt. Obwohl die Proben erst um 10:00 Uhr begonnen haben, machte ich mich früh auf den Weg. Wollte ich wirklich nichts verpassen? Eine Rush-Hour konnte ich hier nicht erkennen. Klar, der 2. Mai 2017 ist hier ja auch noch ein Feiertag. Vielleicht muss ich mich dann morgen mit den grösseren Menschenströmen rumschlagen. Nicht ganz so sonnig wie vorausgesagt, aber trotzdem regenfrei machte ich mich auf zur U-Bahnstation hier Metro genannt – also wie in Paris. Zuerst heisst es aber wieder diese ellenlangen Rolltreppen zu fahren bis man auf dem Bahnsteig ist. Ein Gerenne kennt man hier nicht, da die Metro Züge so stark frequentiert fahren, spielt es auch keine Rolle einen Zug zu verpassen.

Schon nach zwei Haltestellen, welche auch ab und an als Eurovision Song Contest Stopp über die Lautsprecher angekündigt wird, heisst es auch schon wieder aussteigen. Gut organisiert ist es schon, denn die Eingänge zur Metro sind ganz klar und auch physisch von den Ausgängen getrennt. So bringt man die Menschenmengen besser und ohne Gegenverkehr durch. Der Fussweg zur Halle ist mit ein paar Hindernissen zu bewältigen, da leider zweimal eine gut befahrene Strasse überquert werden muss. Also Augen, obwohl auch hier wird von den Autos an Fussgängerstreifen angehalten. Nur die Polizei hält sich da nicht dran – oder war es eine Ausnahme?

Da man noch nicht in die Arena gehen kann um den Proben beizuwohnen, machte ich einen kurzen Tag und beschloss noch bei diesem schönen Wetter eine Stadtwanderung zu machen. Equipment im Hotel deponiert und los geht’s es zum Höhlenkloster und der Motherland Statue bis zu den drei Brüdern am Dnipro, welche gemäss der Geschichte die Gründer der Stadt Kyiv sind.

  



  

Was mir bis jetzt jedoch in der ganzen Stadt nicht gelungen ist mit meiner Maestro-Karte Hryvnas zu ziehen, da obwohl eine Option in Englischer Sprache angeboten wird nicht funktioniert. Mein Ukrainisch und Russisch lassen es nicht zu, diese Geräte zu bedienen. Wozu braucht man Geld, wenn man Freunde hat.

In der Zwischenzeit ist auch die Schweizer Delegation in Kyiv eingetroffen. Ab morgen werden sich timebelle mit der Bühne vertraut machen und bei der Presse und den Fans einen guten Eindruck hinterlassen. Das ist zu schaffen sind die Drei doch topmotiviert.
Mittwoch, 3. Mai 2017

Der heutige Tag begann für einmal mit einem Frühstück im Hotel. Mit einem Frühstücksbuffet westlichen Ausmasses ist dies nicht zu vergleichen. Wenn man dies jedoch möchte muss man die Reisedestination anders wählen. Es ist nicht überladen, und man muss vielleicht auch mal etwas Geduld haben bis nachgelegt wird. Für mich in Ordnung und für den Preis von 120 UAH = 4.70 CHF noch immer ausreichend. Obwohl die Vielfalt etwas eingeschränkt wird man satt.

Heute bin ich besonders gespannt was sich in der Halle abspielen wird, denn timebelle haben die erste Probe. Wie wird Miruna, Emanuel und Samuel auf der Bühne wirken? Wie ist es inszeniert? Wurde das hervorragende Stage-Settings des Schweizer Vorentscheides mitgenommen? Zuerst aber die gewohnte Reise mit der Metro zur Halle. Das Sicherheitscircuit um die Halle wird von Tag zu Tag engmaschiger. Auch die Sicherheitskontrolle wird sehr gewissenhaft gemacht. Alle elektronischen Geräte müssen ausgepackt werden und vor den Augen eines Sicherheits-Angestellten eingeschaltet werden. Macht auf den ersten Blick vielleicht keinen Sinn und nervt auch ab und an, doch möchte die Ukraine nicht in Verruf geraten nicht alles für die Sicherheit ihrer Gäste getan zu haben.
 
Obwohl ich die verschiedenen Proben der anderen Länder mitverfolgte, welchen ich nicht in der Halle, sondern auf dem Big-Screen im Pressezentrum mitverfolgte, war es ein Warten auf den Schweizer Auftritt. So schienen die Auftritte von San Marino, Kroatien und Norwegen endlos lang zu sein. Wobei mich der Stimmumfang des Kroaten und auch der melodiöse Song sehr angesprochen haben. Endlich Mittagszeit und damit der Startschuss für unser Apollo.

Päng, Schock, Podest, Gelb. Was ist aus dem Auftritt wie ich ihn kannte geworden. Was steckt dahinter, Miruna welche sehr gut gesungen hat auf ein Podest zu stellen? Ein zusätzlicher Schwierigkeitsgrad, oder eine elegante Abwechslung welche auch die schönen Beine zum Vorschein bringen? Lenkt diese Inszenierung vom Song ab? All diese Gedanken gingen mir durch den Kopf. Auch der Hintergrund welcher sehr schön gestaltet ist und die beiden Männer in zart-rosa. Alles erinnerte mich an einen Candy-Store mit der Schönen von «die Schöne und das Biest». Je mehr ich mich damit beschäftigte, kam mir der allfällige Sinn dieser Inszenierung ein. Wie kann man unter 18 Konkurrenten in Erinnerung bleiben? Es geht hier darum sich abzuheben, damit sich die Zuschauer die hoffentlich zahlreich für timebelle voten werden, überhaupt an den Auftritt erinnern können. 100 Punkte – das ist geschafft. Dass dies zu einer Welle der Entrüstung führt war abzusehen, ist ja jedes Jahr so dass es alle besser gewusst haben wollen.  Wie auch immer, ich werde die zweite Probe genau beobachten und so wird sich hoffentlich auch mir die ganze Inszenierung erschliessen.


 © Thomas Hanses

An der anschliessenden Pressekonferenz war natürlich das gelbe Kleid «Zitronenfalter» etc. ein Thema. Was ich jedoch nicht verstehe, dass das von Willi Spiess entworfene Kleid in die Kategorie «Barbara Dex – Award», schlechtes eingekleidete Künstlerin des Eurovision Song Contest 2017 aufgenommen werden soll. Es zeigt sich jedoch oft, dass die anwesenden das ganz anders beurteilen, als die Fernsehzuschauer. Und im Kritisieren sind wir Menschen ja immer noch viel besser als konstruktiv etwas Besseres hinzustellen. Gekonnt, witzig und professionell wurden die Fragen der anwesenden Presse und Fans beantwortet. timebelle kam sehr sympathisch und aufgestellt mit dem Willen zu gewinnen zu uns durch.



Beim anschliessenden Fotoshooting konnten auch noch Autogrammkarten erhascht werden. Auch ich habe mich angestellt und Emanuel hat von und Vieren ein Selfie geschossen. Eine nette Truppe die die Schweiz im zweiten Semi-Final hervorragend vertreten wird.

Belarus hat mir auch ausserordentlich gut gefallen, was ich von Bulgarien welches sehr hoch gehandelt wird überhaupt nicht sagen kann. Den absoluten Vogel schiesst jedoch Litauen ab. Diese Nummer könnte Gunvor und Piero Esteriore Konkurrenz machen, oder ich bin einfach zu alt für diese Art von Musik. So schmeichelte mir der Song aus Estland umso mehr. Koit Toome & Laura, beide bereits eurovisionserfahren, Koit als Einzelinterpret und Laura als Mitglied der Truppe Suntribe. Ob ihnen Verona Glück bringen wird, ich hoffe es. Israel kam auf dem Video gut rüber, was sich auf der Bühne jedoch bot war alles andere als ein Hörgenuss. Obwohl Imri schon zweimal als Background-Sänger für Israel in Erscheinung trat, oder eben nicht, als Solokünstler trifft er die Töne nicht und das was er als Tanzen bezeichnet ist zwar choreographiert aber in beiden Disziplinen am Ziel vorbei.
Donnerstag, 4. Mai 2017

Ab heute darf man auch in die Halle, also gleich vor die Bühne, mit gebührendem Abstand die Auftritte beim zweiten Probendurchgang beobachten. Es herrscht ein sehr striktes Regime. Fotos und auch Filmaufnahmen dürfen ausschliesslich nur in die Richtung Bühne gemacht werden. Hat das Sicherheitspersonal das Gefühl man hält sich nicht daran wird man ziemlich ruppig auf das Vergehen hingewiesen mit der Androhung die Akkreditierung zu verlieren. Nach meinem Empfinden unter dem Motto wer nicht nach unseren Regeln spielt fliegt raus.

Schweden hat wie immer den perfekten Auftritt aus der Nationalen Vorentscheidung Melodifestivalen auch hier in Kyiv umgesetzt. Das Motto, was in Schweden funktioniert, funktioniert auch international und das haben die Skandinavier im Griff und das sehr erfolgreich. Denn etwas zu ändern was sowieso ausserhalb der Fan-Gemeinde des Eurovision Song Contest niemand zur Kenntnis nimmt, wirkt international noch immer als Premiere und wird das internationale Publikum überraschen und das ist es, welches schliesslich für den Beitrag votet.

Uns werden super Bühnenbilder geboten. Diese unterstützen die Songs und machen die Auftritte erst zu dem was sie sein sollen. Berührende Geschichten die auch nachhaltig in den Köpfen der Fernsehzuschauer bleiben werden. Nach einigen Auftritten muss ich mir zugestehen, dass das erste Semi-Final längst nicht mit so starken Titeln bestückt ist wie das zweite. Ich habe meine liebe Mühe auch nur 5 Titel zu nennen welche aus meiner Sicht den Sprung ins Finale schaffen sollten.

Ein Auftritt muss ich hier noch erwähnen. Blanche welche Belgien vertritt hat ein gutes Video und auch die Studio-Version ihres Liedes «City Lights» katapultierte sie in die Favoriten-Rolle. Doch es kam anders. Völlig lustlos und ohne jegliche Gefühle wird der Song vorgetragen, was im Online Umfeld abgestraft wurde und auch an mehreren Plätzen im Ranking eingebüsst hat. Blanche scheint sich auf dieser Bühne nicht wohlzufühlen und genau das strahlt sie auch aus. Schade – super Song, durch den Live-Auftritt versemmelt.

Noch spezieller finde ich auch den Deal, den Portugal gemacht hat. Da der Sänger krank ist bzw. etwas am Herzen hat und operiert werden soll/ist, wird er von seiner Schwester, welche den Song auch komponiert hat vertreten. Wenn alles klappt wird er für seinen Auftritt am Dienstag aber vor Ort sein aber sicher ist das nicht. Ein gewagtes Unternehmen, welchem ich nicht viel abgewinnen kann. Zwar hat der Sänger mein Mitgefühl, sollte sich jedoch nicht eines Wettbewerbs wegen gesundheitlich einer Gefahr aussetzen. Aber jeder ist seines Glückes Schmid.

Zumal draussen ja immer noch sommerliche Temperaturen mit blauem Himmel und Sonnenschein herrschten habe ich beschlossen in die Stadt zu gehen. Heute sollte ja noch das Eurovision Village im Zentrum der Stadt eröffnet werden. In den letzten Tagen wurde ja noch viel an diesen Bühnen und Installationen gebastelt. Ich war mir aber sicher, dass sie es zur Eröffnung schaffen werden, obwohl ich mit der Eröffnung des Villages erst am Samstag gerechnet hatte. Auch hier gelten hohe Sicherheitsvorkehrungen. Die Gitterzäune welche das Village vom Rest der Stadt abtrennen werden sogar teilweise doppelt geführt, so dass nichts durch den Zaun durchgereicht werden könnte für jemanden der wollte.

  

Um ins Eurovision Village muss auch eine Sicherheits-Schleuse durchlaufen werden. Hier ist sprachlich noch etwas nachzubessern, denn nicht nur die Bevölkerung der Ukraine wird hier eintreffen, auch internationale Fans und da kann es sprachlich zu Hemmnissen führen. Zum Glück war auch noch ein Englisch sprechender Volontier dort, sonst hätte ich beinahe nicht verstanden was der Sicherheitsmann nun wollte. Geschafft bin ich durch das Village geschlendert und habe dort auch meine Freunde Florian und Jens aus der DDR getroffen. Plötzlich sind Jens drei nette adrette Herrn in der Menge aufgefallen. Diese haben wir schnell als die Präsentatoren der drei Show zum ESC 2017 ausmachen können. Was bietet sich nun besser an als zu fragen ob wir zusammen ein Foto machen können. Und hier ist der Beweis, dass es geklappt hat.


(v.l.n.r. Timur Miroshnychenko, Oleksandr Skichko, Peter Ramón Baumann, Volodymyr Ostapchuk)
Freitag, 5. Mai 2017

Erneut strahlt Kyiv im Licht der Sonne. Das Wetter hier ist einfach phänomenal. Es lädt mehr zum Sight-Seeing ein als den Proben beizuwohnen. Doch den Grund des Hierseins sollte nicht aus den Augen verloren werden. Das Ritual der Anreise in die Halle fühlt sich schon an als wäre es mein normaler Arbeitsweg. Auf den langen Rolltreppen in der Metro gibt es auch viele Menschen die sich einfach mal hinsetzen, denn die komplette Dauer der Rolltreppenfahrt beträgt in der Arselana Station ca. 7 Minuten. Da kann man sich schon ein Päuschen gönnen.

Die Zielstation Livobereshna (Eurovision Song Contest Station), welche in den letzten Tagen und Wochen noch etwas aufgemotzt wurde, kann nun auf beiden Seiten genutzt werden. Dort wo gestern noch ein Holzverschlag den Zutritt verunmöglichte kann nun barrierefrei durchgegangen werden. Dies ist auch nötig, denn die Strasse welche bis jetzt überquert werden musste, wurde nun aus Sicherheitsgründen mit Gittern abgesperrt. Auch die Verschönerung des Zuganges der Halle nimmt jeden Tag mehr Formen an. Es werden nun Blumenkübel in ca. 3 Meter Höhe an den Laternenpfählen angebracht. Vieles hätte auch schon etwas früher in Angriff genommen werden können. Trotzdem, es wird bis zum erstem Semi-Final am Dienstag fertiggestellt sein.

Die Proben waren schon im vollen Gange, als ich in der Halle eingetroffen bin. Ein Land hatte ich schon verpasst, war aber noch gerade rechtzeitig da um den Slowenen, Omar Naber, noch sehen zu können. Er nimmt in diesem Jahr schon zum zweiten Mal für sein Land am Song Contest teil und sogar das zweite Mal in Kyiv. Er ist selbstsicherer und erwachsener geworden. Beinahe nicht mehr zu erkennen. Manchmal braucht es seine Zeit sich als Künstler zu finden und da ist er sicherlich einen guten Schritt weitergekommen. Er hat «On My Way» zu seinem Motto gemacht und geht diesen Weg auch konsequent.

Nach zwei eher bemühenden Songs, kam nun der Mann im Mond. Mit einer Leichtigkeit bewegt sich der junge Österreicher Nathan Trent auf der Bühne als wäre da niemand der ihn beobachten würde. Die Leichtigkeit und den Spass ist ihm beim jedem Ton und jeder Bewegung anzumerken. Er hat wohl die meisten Ränge gut gemacht in diesem Semi-Final. Nathan ist Nathan, jung, frisch, unverbraucht und mit seiner positiven Ausstrahlung ein Highlight.

Nach der Mittagspause versuchten sich dann weitere drei Länder. Von nervig über altbacken bis zur Jodel-Einlage war da alles im Angebot. Trotzdem kann ich mir gut vorstellen, dass sowohl Malta wie auch Rumänien den Sprung ins grosse Finale schaffen wird. Und jetzt ab zu den Big 5 und der Ukraine. Der Song der Ukraine passt aus meiner Sicht überhaupt nicht in diesen Contest, obwohl wenn ich diesen visualisiert sehe, gewinnt er doch an Zustimmung. Gute Stimmung verbreitet der vermeintliche Sieger Italien. Da geht die Post ab in der Halle, sogar die Helfer sind am Tanzen was den Verantwortlichen nicht gerade so gefällt. Nicht ganz so viel Applaus konnte der Surfer-Boy aus Spanien ernten. Levina Aus Deutschland hingegen konnte ein paar Punkte gutmachen und wird die Schande von Kyiv (Gracia) nicht wiederholen. Mit gehobenem Durchschnitt haben dann Grossbritannien und Frankreich den Probenreigen abgeschlossen.

  

  

Raus an die frische Luft. Die Wärme draussen erschlägt einem beinahe, wenn man aus dem gut abgekühlten Pressezenter an die Sonne zurückkehrt. Schnell das Gepäck im Hotel deponiert und wieder in die Stadt. Mit jedem Tag laufe ich an mehr Sicherheitsbediensteten vorbei. Auf dem Platz vorm Hotel hat es schon eine Hundertschaft, der Weg zur Metro ist ebenfalls mit Sicherheitskräften gesäumt. Kyiv gibt sich sehr viel Mühe, dass sich die Besucher sicher fühlen können. Obwohl ich, der auch ohne ESC schon mehrfach in Kyiv war, nicht im geringsten ein Gefühl hatte, dass ich nicht sicher sei in dieser Stadt. So habe ich meinen Tag beim Bewundern der schönen Sakralbauten der orthodoxen Kirchen und den vielen Parks auf den Hügeln mit Blick auf den Dnipro beendet.
Samstag, 6. Mai 2017

Heute liegt der Fokus natürlich auf der zweiten Probe der Schweiz. Doch zuerst ein Frühstück mit meinem ukrainischen Freund Ivan, den ich schon seit dem Eurovision Song Contest 2005 kenne und den Kontakt aufrechterhalten konnte. Nicht im Hotel, sondern in einem Restaurant hinter dem überdimensionalen Einkaufszentrum neben der Halle. Für gerade mal umgerechnet CHF 3.75 konnte ich ein ausgiebiges Frühstück inkl. frisch gepresstem Orangensaft bekommen, und lecker geschmeckt hat es auch noch.

Nach den Wilson Philips revamped – die Niederlande – OG3NE, welche unbestritten super und vor allem sauber singen können wurde ich zurück in meine Jugend versetzt. Und mit San Marino dann auch noch in die Disco-Ära der Achtziger. Doch am meisten hat mich der Song aus Irland genervt. Er kann ja nichts für seine Stimme, aber es befremdet mich einen Mann vor mir zu sehen und gleichzeitig ein Kind zu hören. Gewichtiger und vor allem stimmgewaltiger ging es dann nach dem Mittagessen weiter. Kroatien hat aus meiner Sicht einen sehr schönen Beitrag mit klassischen Einlagen, die der Sänger auch wundervoll umsetzt. Am besten man macht die Augen zu und geniesst den schönen Gesang der einige Oktave umfasst. Mit dem Norwegischen Beitrag kann ich mich auch nicht so anfreunden, ich stehe nicht so auf Masken und habe den tieferen Sinn dahinter noch nicht ergründen können. Mit etwas Verspätung kam der von mir langersehnte Auftritt von timebelle.

Mit noch immer etwas verhaltener Begeisterung wollte ich nun den Auftritt in der Halle mitverfolgen. Grell, Pastell, Podest und Hintergrund – wo bleibt der Song Apollo? Man spricht hier nur noch vom gelben Kleid der Sängerin Miruna, der Song ist zur Nebensache geworden. Ob dies zum Erfolg führen wird. Wie weit entfernt ist das Kreativ-Team vom Zuschauergeschmack? Dass, am Auftritt noch gewerkelt wurde war vor allem am Hintergrund zu sehen. Obwohl ich die beiden komplett verschiedenen Hintergründe nicht als stimmig erachte. Auch sehe ich das Podest und das Hinunterlaufen von Miruna als riskant. Die Haltung der Sängerin wird durch die Konzentration des Treffens der Tritte gebremst und der «Flow» wird dadurch ausgebremst. Die Leichtigkeit des Seins lässt sich hier vermissen. Show ist – wenn man die Arbeit dahinter nicht mehr sieht. Dann flutscht es.

In der anschliessenden Pressekonferenz ging es auch mehr um das Kleid als um den Song und auch über die Boyband die zum Trio mit Miruna wurde. Der Bärner «Zytglogge» und deren Übersetzung ins Englisch Französische wurde auch erneut erklärt. Dass Miruna täglich Borsch isst weiss nun mittlerweile auch jeder. Insgesamt gibt sich das Trio aber immer offen, professionell und hat auf jede Frage eine Antwort.

Bei den Fans auch noch sehr hoch im Kurs ist der junge Bulgare der vor allem den Geschmack des Ostens abdecken könnte, was bei Litauen nun gar nicht der Fall sein wird. Mut zur Hässlichkeit, weder die Frisur, noch das Kleid aber auch der Song wird wohl eher die hinteren Plätze der Rangliste schmücken. Da ist es erholsam wenn die Esten auf der Bühne stehen ein stimmiger Song der auch nach dem letzten Ton noch nachhallt und auch Israel hat schon besser Beiträge und vor allem Sänger in den Wettbewerb geschickt.

Heute wäre noch ein Nachtessen geplant gewesen. Mangels Teilnehmer abgesagt. So versuchte ich mich bei der Metro Station mit einem heissen Sandwich zu verpflegen. Dies stellte sich aber etwas schwieriger heraus als gedacht. Da ich weder ukrainisch noch russisch spreche. Die Verkäufer wollten mir nichts verkaufen, weil ich sie nicht verstehe. Was gibt es da bitte zu verstehen, ein Wrap mit etwas Huhn zu belegen, Chabis und Karotten und eine Joghurt-Sause und etwas scharf drauf. Mit Händen und Füssen konnte ich die beiden Verkäufer überzeugen und kam so doch noch zu meinem Nachtessen.
 
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